X-Git-Url: https://hackdaworld.org/gitweb/?p=lectures%2Flatex.git;a=blobdiff_plain;f=nlsop%2Fdiplom%2Fgrundlagen.tex;h=711992cbc1cf3ea4c68ae88b1e218906e24af74b;hp=601036537bb4174ae77a944fa025ca3a4bb75516;hb=5f5b6074a6d580c687beb6bd20b96378386def9d;hpb=b139af50865e37b3d95ad927a6e47de8204ab349 diff --git a/nlsop/diplom/grundlagen.tex b/nlsop/diplom/grundlagen.tex index 6010365..711992c 100644 --- a/nlsop/diplom/grundlagen.tex +++ b/nlsop/diplom/grundlagen.tex @@ -1 +1,428 @@ \chapter{Grundlagen} +\label{chapter:grundlagen} + + \section{Monte-Carlo-Simulation} + + Monte-Carlo-Simulationen sind Computer-Experimente zur Untersuchung von interessierenden Sachverhalten, die auf stochastischen Simulationsalgorithmen basieren. + Dabei werden vom Computer generierte Pseudozufallszahlen auf physikalische Gr"o"sen abgebildet. + Den Ausgangspunkt bilden dabei sogenannte Standard-Pseudozufallszahlen, die auf einem vorgegebenen Intervall gleichverteilt sind. + Hiervon ausgehend k"onnen beliebige Verteilungen durch Transformationen und Verwerfungsmethoden erzeugt werden. + + \subsection{Erzeugung gleichverteilter Pseudozufallszahlen} + + Die h"aufigste Methode zur Erzeugung von Zufallszahlen ist die lineare Kongruenzmethode, welche eine Sequenz von ganzen Zahlen $I_1, I_2, I_3, \ldots$ aus dem Intervall $I = [0,m-1]$ generiert. + Dabei gilt folgende Vorschrift: + \begin{equation} \label{eq:kon_m} + I_{j+1} = ( a I_{j} + c ) \, mod \, m + \end{equation} + \[ m: \textrm{Modulus, } a: \textrm{Multiplikator, } c: \textrm{Inkrement, } I_0: \textrm{Startwert} \] + Die Zufallszahlen k"onnen sich mit einer Periode, die offensichtlich nicht gr"o"ser als $m$ ist, wiederholen. + Die Qualit"at der Zufallszahlen h"angt dabei sehr stark von der Wahl der Konstanten $a, c, m$ und $I_0$ ab. + Leider gibt es keine einfache mathematische Methode zur Ermittlung optimaler Konstanten. + Nach Park und Miller \cite{park_miller_zufall} erf"ullt man mit + \begin{equation} \label{eq:kon_v} + a = 7^5 = 16807, \quad m = 2^{31} - 1 = 2147483647, \quad c = 0 + \end{equation} + einen minimalen Standard was die Qualit"at der Zufallszahlen angeht. + Diese Wahl der Konstanten wird in vielen Zufallsfunktionen der Standardbibliotheken verwendet. + + \subsection{Transformation auf spezielle Zufallsverteilungen} + + Die mit \eqref{eq:kon_m} und \eqref{eq:kon_v} erzeugten Pseudozufallszahlen $I_j$ sind gleichverteilt im Intervall $[0,m-1]$. + Durch Division der Zufallszahlen mit dem Modulus $m$ erh"alt man gleichverteilte Zufallszahlen $x_j$ im Intervall $[0,1[$, so dass die Wahrscheinlichkeit eine Zahl zwischen $x$ und $x + dx$ zu erhalten durch + \begin{equation} + p(x)dx = \left\{ + \begin{array}{ll} + dx & 0 \leq x < 1 \\ + 0 & \textrm{sonst} + \end{array} \right. + \end{equation} + gegeben ist. Au"serdem ist die Wahrscheinlichkeitsverteilung normiert. + \begin{equation} + \int_{- \infty}^{+ \infty}p(x)dx = \int_{0}^{1}p(x)dx = 1 + \end{equation} + Diese dienen als Basis f"ur beliebige Verteilungen. + Einige in dieser Arbeit ben"otigten Transformationen sollen im Folgenden diskutiert werden. + + \subsubsection{Zufallszahlen mit gleichverteilter Wahrscheinlichkeit} + + Gleichverteilte Zufallszahlen $z_j$ in einem Intervall $[0,M[$ erh"alt man denkbar einfach durch skalieren der $x_j$ mit $M$. + \begin{equation} + z_j = M x_j = M \frac{I_j}{m} + \label{eq:gleichverteilte_r} + \end{equation} + + \subsubsection{Zufallszahlen mit linear steigender Wahrscheinlichkeit} + \label{subsubsection:lin_g_p} + + Zufallszahlen deren Wahrscheinlichkeit mit ihrem Wert im Intervall $[0,Z[$ linear ansteigen + \begin{equation} + p(z) = \left\{ + \begin{array}{ll} + az + b & 0 \leq z < Z \\ + 0 & \textrm{sonst} + \end{array} \right. + \end{equation} + realisiert man durch folgende Transformation: + \begin{eqnarray} + p(z)dz & = & p(x)dx \nonumber \\ + \frac{dx}{dz} & = & p(z) \nonumber \\ + x & = & \int_{- \infty}^z p(z')dz' = \int_0^z (az' + b) dz' = \frac{1}{2} az^2 + bz \label{eq:trafo} + \end{eqnarray} + Durch Aufl"osen von \eqref{eq:trafo} nach $z$ und Ausschluss der negativen L"osung erh"alt man: + \begin{equation} + z = \frac{-b + \sqrt{b^2 + 2 a x}}{a} \quad \textrm{.} + \end{equation} + So erh"alt man Zufallszahlen $z_j$ im Intervall $[0,1[$ durch $x_j \in [0,b+\frac{a}{2}[$. + Sollen Zufallszahlen im Intervall $[0,Z[$ liegen, m"ussen sie durch + \begin{equation} + z_j = Z \frac{-b + \sqrt{b^2 + 2 a (b+\frac{a}{2}) \frac{I_j}{m}}}{a} + \end{equation} + berechnet werden. + + \subsubsection{Verwerfungsmethode zur Erzeugung beliebiger Verteilungen} + \label{subsubsection:verwerf_meth} + + Mit Hilfe der Verwerfungsmethode k"onnen Zufallszahlen mit beliebiger Wahrscheinlichkeitsverteilung $p(x)$ generiert werden. + Sie basiert auf einer einfachen geometrischen "Uberlegung (Abbildung \ref{img:rej_meth}). + Die Verteilung $p(x)$ sei im Intervall $[a,b]$ mit $p(x) \geq 0 \quad \forall x \in [a,b]$ gegeben. + Das Maximum von $p(x)$ sei $p_m$. + Die Erzeugung der Zufallszahlen funktioniert nun wie folgt: + \begin{enumerate} + \item Ausw"urfeln zweier gleichverteilter Zufallszahlen $x \in [a,b]$ und $y \in [0,p_m]$. + \item Ist $y \leq p(x)$, so ist $x$ die n"achste Zufallszahl, ansonsten zur"uck zu 1. + \end{enumerate} + \begin{figure} + \begin{center} + \includegraphics[width=10cm]{rej_meth.eps} + \caption{Beliebige Wahrscheinlichkeitsverteilung $p(x)$ im Intervall $[a,b]$ mit Maximum $p_m$} + \label{img:rej_meth} + \end{center} + \end{figure} + Diese Methode ist zwar sehr einfach, jedoch wird sie um so ineffizienter, je groesser die Fl"ache der Vergleichsfunktion (hier: $f(x) = p_m$) im Vergleich zu $p(x)$ zwischen $a$ und $b$ wird. + Deshalb macht es Sinn die Funktion $f(x)$ "ahnlich der Funktion $p(x)$ mit $f(x) \geq p(x); \, x \in [a,b]$ zu w"ahlen. + Das unbestimmte Integral $F(x) = \int f(x) dx$ muss dabei bekannt und invertierbar sein. + Dann kann wie in \eqref{eq:trafo} die Transformation durchgef"uhrt werden. + Die Werte f"ur $x$ werden nun nach der Transformationsmethode im Intervall $[a,b]$ gew"ahlt, die Werte f"ur $y$ m"ussen gleichverteilt im Intervall $[0,f(x)]$ sein. + + \section{Ion-Festk"orper Wechselwirkung} + + Zur theoretischen Beschreibung der Ionenimplantation muss die Wechselwirkung der Ionen mit dem Target betrachtet werden. + Durch St"o"se mit den Kernen und Elektronen des Targets werden die Ionen im Festk"orper abgebremst, ein entsprechendes Implantationsprofil stellt sich ein. + Weitere Folgen sind die durch Bestrahlung im Kristallgitter entstehenden Sch"aden. + Im Folgenden wird darauf genauer eingegangen. + + \subsection{Abbremsung von Ionen} + + Die in den Festk"orper implantierten Ionen sto"sen mit den Atomkernen und Elektronen des Targets. + Dieser Streuprozess ist mit einem Energieverlust und einer Richtungs"anderung des Ions verbunden. + Das Ion f"uhrt weitere St"o"se aus bis dessen Energie zu klein f"ur weitere Sto"sprozesse ist. + Die Abbremsung der Ionen durch St"o"se mit den Atomkernen bezeichnet man als nukleare Bremskraft, die mit den Elektronen als elektronische Bremskraft. + + \subsubsection{Bremsquerschnitt} + + Um die Abbremsung der Ionen durch elektronische und nukleare Streuung zu beschreiben, definiert man den sogenannten Bremsquerschnitt. + \begin{equation} + S_{e,n} = - \frac{1}{N} \Big( \frac{\partial E}{\partial x} \Big)_{e,n} + \end{equation} + Dieser ist proportional zur Bremskraft $\frac{\partial E}{\partial x}$, welche angibt wieviel Energie $E$ des Ions pro zur"uckgelegter Wegl"ange $x$ abgegeben wird. + $N$ ist die atomare Dichte des Festk"orpers. + Zerlegt man nun die Energieverlustrate in einen nuklearen und einen elektronischen Anteil so erh"alt man f"ur den Energieverlust pro Wegl"ange: + \begin{equation} + - \frac{\partial E}{\partial x} = N \Big( S_e(E) + S_n(E) \Big) \quad \textrm{.} + \end{equation} + Durch Kehrwertbildung und Integration "uber die Energie erh"alt man die mittlere Reichweite $R$ des Ions. + Ist dessen Anfangsenergie $E_0$, so gilt: + \begin{equation} + R = \frac{1}{N} \int_0^{E_0} \frac{d E}{S_e(E) + S_n(E)} \quad \textrm{.} + \label{eq:range} + \end{equation} + Um die Reichweite des Ions berechnen zu k"onnen, m"ussen noch der nukleare ($S_n$) und elektronische ($S_e$) Bremsquerschnitt bestimmt werden. + + \subsubsection{Nukleare Bremskraft} + + Zur Beschreibung der nuklearen Bremskraft muss der Energie"ubertrag zwischen einem bewegten und einem station"aren geladenen Teilchen betrachtet werden. + Dieser h"angt ab von Geschwindigkeit und Richtung des bewegten Teilchens, sowie von Masse und Ladung beider Teilchen und damit einem interatomaren Potential. + Die letztendlichen Geschwindigkeiten und Trajektoren k"onnen mit Hilfe der Energie- und Impulserhaltung f"ur einfache Potentiale analytisch gel"ost werden. + Es werden nur elastische St"o"se betrachtet, inelastische St"o"se mit den Atomkernen k"onnen vernachl"assigt werden. + Da die nukleare Bremskraft sehr wichtig f"ur die weitere Arbeit ist, wird auf ihre Herleitung etwas genauer eingegangen. + + Zun"achst soll die klassische elastische Streuung zweier K"orper behandelt werden. + Dabei ist das ruhende Teilchen der Atomkern, das einfallende Teilchen das implantierte Ion (Abbildung \ref{img:scatter_lc}). + Aus der Energieerhaltung folgt: + \begin{equation} + \frac{1}{2} M_1 v_0^2 = \frac{1}{2} M_1 v_1^2 + \frac{1}{2} M_2 v_2^2 + \end{equation} + Dabei ist $v_0$ die anf"angliche Geschwindigkeit des Ions der Masse $M_1$, $v_1$ die Geschwindigkeit des Ions nach dem Sto"s und $v_2$ die Geschwindigkeit des gestossenen Atomkerns mit Masse $M_2$. + Aus der Impulserhaltung folgt, + \begin{eqnarray} + \textrm{Longitudinal: } & M_1 v_0 = M_1 v_1 cos(\theta) + M_2 v_2 cos(\phi) \\ + \textrm{Lateral: } & 0 = M_1 v_1 sin(\theta) + M_2 v_2 sin(\phi) + \end{eqnarray} + wobei $\theta$ der Winkel der Ablenkung des Ions und $\phi$ der Winkel der Ablenkung des Atomkerns ist. + \begin{figure} + \begin{center} + \includegraphics[width=10cm]{scatter_lc.eps} + \caption{Elastischer Sto"s zweier K"orper im Laborsystem} + \label{img:scatter_lc} + \end{center} + \end{figure} + + Durch Transformation ins Schwerpunktsystem kann die Relativbewegung des Ions und des Atomkerns auf ein Einzelnes im Zentralfeld bewegtes Teilchen reduziert werden. + \begin{figure} + \begin{center} + \includegraphics[width=10cm]{scatter_cm2.eps} + \caption{Elastischer Sto"s zweier K"orper im Schwerpunktsystem} + \label{img:scatter_cm} + \end{center} + \end{figure} + Im Schwerpunktsystem gilt (Abbildung \ref{img:scatter_cm}): + \begin{equation} + \vec v_c = \frac{M_1}{M_1 + M_2} \vec v_0 \quad \textrm{,} + \label{eq:imp_cons_cm} + \end{equation} + wobei $\vec v_c$ die Schwerpunktgeschwindigkeit ist. + Mit der Definition der reduzierten Masse $M_c$ + \begin{equation} + \frac{1}{M_c} = \frac{1}{M_1} + \frac{1}{M_2} \quad \textrm{,} + \end{equation} + also + \begin{equation} + M_c = \frac{M_1 M_2}{M_1 + M_2} \quad \textrm{,} + \label{eq:m_red} + \end{equation} + erh"alt man f"ur die Schwerpunktbewegung aus \eqref{eq:imp_cons_cm} den Ausdruck + \begin{equation} + \vec v_c = \frac{M_c}{M_2} \vec v_0 \quad \textrm{.} + \label{eq:v_sp} + \end{equation} + Daraus l"asst sich ableiten, dass die Teilchengeschwindigkeiten umgekehrt proportional zu ihren Massen sind. + \begin{equation} + \frac{v_0 - v_c}{v_c} = \frac{M_2}{M_1} \quad \textrm{.} + \label{eq:inv_prop} + \end{equation} + + F"ur die Geschwindigkeiten des Ions und des Atomkerns im Schwerpunktsystem vor dem Sto"s gilt weiterhin: + \begin{eqnarray} + \vec v_{Ion} = & \vec v_0 - \vec v_c = \frac{M_2}{M_1 + M_2} \vec v_0 \quad \textrm{,} \\ + \label{eq:v_ion_vor} + \vec v_{Atom} = & 0 - \vec v_c = - \frac{M_1}{M_1 + M_2} \vec v_0 \quad \textrm{.} + \label{eq:v_atom_vor} + \end{eqnarray} + Der Gesamtimpuls $M_1 \vec v_{Ion} + M_2 \vec v_{Atom}$ verschwindet. + Die Impulse der Teilchen sind vor und nach dem Sto"s entgegengesetzt gleich gro"s. + Zusammen mit der Energieerhaltung folgt daraus, dass die Betr"age der Geschwindigkeiten durch den Sto"s nicht ver"andert werden. + Die kinetische Energie beider Teilchen bleibt im Schwerpunktsystem einzeln erhalten. + + Abbildung \ref{img:angle_conv} zeigt die daraus abgeleitet Beziehung zwischen der Geschwindigkeit des Atoms nach dem Sto"s im Labor- und im Schwerpunktsystem. + Die Transformation ist durch + \begin{equation} + \vec v_2 = \vec v_{Atom} + \vec v_c + \end{equation} + gegeben. + Der Zusammenhang zwischen Ablenkwinkel im Labor- und Schwerpunktsystem, sowie der Ausdruck f"ur $v_2$, sind leicht zu erkennen. + \begin{eqnarray} + \Phi = & 2 \phi \\ + \label{eq:angle_conv} + v_2 = & 2 v_c cos(\phi) + \label{eq:v_2_abs} + \end{eqnarray} + \begin{figure} + \begin{center} + \includegraphics[width=10cm]{angle_conv.eps} + \caption{Zusammenhang der Geschwindigkeit des Targetatoms nach dem Sto"s im Schwerpunktsystem (blau) und im Laborsystem (rot)} + \label{img:angle_conv} + \end{center} + \end{figure} + F"ur die auf das Targetatom "ubertragene Energie gilt: + \begin{equation} + T = \frac{1}{2} M_2 v_2^2 \quad \textrm{.} + \end{equation} + Aus \eqref{eq:v_2_abs} und \eqref{eq:v_sp} erh"alt man: + \begin{equation} + T = \frac{1}{2} M_2 \Big( \frac{2 v_0 M_c cos(\phi)}{M_2} \Big)^2 = \frac{2}{M_2} \Big( v_0 M_c cos(\phi) \Big)^2 \quad \textrm{.} + \label{eq:delta_e} + \end{equation} + Die anf"angliche Energie des Systems $E$ ist festgelegt durch $E = \frac{1}{2} M_1 v_0^2$. + Aus Abbildung \ref{img:scatter_cm} erkennt man, dass $\Phi = \pi - \Theta$ ist. Durch Einsetzen von \eqref{eq:m_red} f"ur die reduzierte Masse in \eqref{eq:delta_e} bekommt man folgenden Ausdruck f"ur den Energie"ubertrag: + \begin{equation} + T = \frac{2}{M_2} v_0^2 \frac{M_1^2 M_2^2}{(M_1 + M_2)^2} sin^2 \Big( \frac{\Theta}{2} \Big) = E \frac{4 M_1 M_2}{(M_1 + M_2)^2} sin^2 \Big( \frac{\Theta}{2} \Big) \quad \textrm{.} + \label{eq:final_delta_e} + \end{equation} + Die maximal "ubertragene Energie erh"alt man f"ur den zentralen Sto"s mit $\Theta = \pi$, also f"ur $\Phi = 2\phi = 0$: + \begin{equation} + T_{max} = E \frac{4 M_1 M_2}{(M_1 + M_2)^2} \quad \textrm{.} + \label{eq:delta_e_max} + \end{equation} + + Bis jetzt ist der Energieverlust des Ions in einem elastischen Streuvorgang abh"angig vom Winkel bekannt. + Mit der Wahrscheinlichkeit f"ur den Streuvorgang zu jedem Winkel kann der durchschnittliche Energie"ubertrag, die Bremskraft, berechnet werden. + + Unter der Annahme, dass Kr"afte nur entlang der Verbindungslinie zwischen Ion und Targetatom wirken, kann das Zweik"orperproblem auf die Wechselwirkung eines Teilchens mit der reduzierten Masse $M_c$ und der Geschwindigkeit $v_c$ in einem statischen Zentralfeld um den Ursprung des Schwerpunktsystems reduziert werden. + Die Bewegung im Zentralfeld kann mit Hilfe der Lagrange-Gleichung gel"ost werden. + \begin{equation} + \frac{d}{dt} \frac{\partial L}{\partial \stackrel{.}{q_i}} - \frac{\partial L}{\partial q_i} = 0 \quad \textrm{mit} \quad L = \frac{M_c}{2}(\stackrel{.}{r^2} + r^2 \stackrel{.}{\Theta}) - V(r) \quad \textrm{.} + \end{equation} + Wegen $\frac{\partial L}{\partial \Theta} = 0$ ist $\Theta$ zyklisch. Daraus folgt die Drehimpulserhaltung. + \begin{equation} + \frac{d}{dt} \frac{\partial L}{\partial \stackrel{.}{\Theta}} = \frac{d}{dt}(M_c r^2 \stackrel{.}{\Theta}) = 0 \quad \Rightarrow \quad l := M_c r^2 \stackrel{.}{\Theta} = const. + \label{eq:ang_mom_exp} + \end{equation} + F"ur den Drehimpuls (im Unendlichen) gilt: + \begin{equation} + l = M_c v_c p \quad \textrm{.} + \label{eq:ang_mom_val} + \end{equation} + L"ost man die Gleichung f"ur die Energie $E$ des Systems + \begin{equation} + E = \frac{M_c}{2} (\stackrel{.}{r^2} + r^2 \stackrel{.}{\Theta^2}) + V(r) + \end{equation} + nach $\stackrel{.}{r}$ auf, + \begin{equation} + \stackrel{.}{r} = \frac{dr}{dt} = \sqrt{ \frac{2}{M_c} (E - V(r)) - \frac{l^2}{M_c^2 r^2} } + \end{equation} + und diese Gleichung wiederrum nach $dt$, + \begin{equation} + dt = \frac{dr}{\sqrt{ \frac{2}{M_c} (E - V(r)) - \frac{l^2}{M_c^2 r^2} }} + \end{equation} + kann man aus \eqref{eq:ang_mom_exp} durch Integration vom Unendlichen bis zum minimalen Abstand des Teilchens $r_0$ vom Streuzentrum den Winkel $\Theta$ darstellen, abh"angig vom Potential, dem Sto"sparameter und der Energie des Teilchens. + \begin{equation} + \frac{\Theta}{2} = \frac{l}{M_c r^2} \int_{r_0}^{\infty} \frac{dr}{\sqrt{ \frac{2}{M_c} (E - V(r)) - \frac{l^2}{M_c^2 r^2} }} + \end{equation} + Durch Einsetzen von \eqref{eq:ang_mom_val} und vereinfachen erh"alt man: + \begin{equation} + \Theta = 2 \int_{r_0}^{\infty} \frac{p dr}{\sqrt{1 - \frac{V(r)}{E} - \frac{p^2}{r^2}}} \quad \frac{1}{r^2} \quad \textrm{.} + \label{eq:theta_of_p} + \end{equation} + Mit Hilfe dieser Gleichung kann der Streuwinkel "uber die Schwerpunktenergie $E$, dem Potential $V(r)$ und dem Sto"sparameter $p$ bestimmt werden. + + Die Wahrscheinlichkeit f"ur die Streuung in Richtung $\Theta$ erh"alt man durch die "Uberlegung, wieviel Teilchen $dN$ eines homogenen Einheitsstrahls $n$ durch die Kreisringfl"ache $2 \pi p dp$ gehen und wegen Erhaltung der Teilchenzahl zwischen $\Theta$ und $\Theta + d \Theta$ gestreut werden. + \begin{eqnarray} + dN = & 2 \pi p dp \, n \\ + d \sigma = & \frac{dN}{n} = 2 \pi p dp + \end{eqnarray} + Die Wahrscheinlichkeit $d \sigma$ bezeichnet man als differentiellen Wirkungsquerschnitt. + $\Theta$ ist eine Funktion von $p$ \eqref{eq:theta_of_p}, die invertierbar ist. + Die Funktion $p(\Theta)$ wiederrum ist diffenenzierbar, so dass man zusammen mit der Raumwinkeldefinition $d \Omega = 2 \pi sin(\Theta) d \Theta$ folgenden Ausdruck f"ur den differentiellen Wirkungsquerschnitt erh"alt. + \begin{equation} + d \sigma (\Theta) = 2 \pi p \frac{dp}{d \Theta} d\Theta = \frac{p(\Theta)}{sin \Theta} | \frac{dp}{d \Theta} | d \Omega + \end{equation} + + Der durschnittliche Energie"ubertrag kann nun durch Integration aller m"oglicher Energie"ubertr"age $T(\Theta)$, gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit f"ur eine Streuung unter dem Winkel $\Theta$, berechnet werden. + \begin{equation} + S_n(E) = \int_0^{T_{max}} T d \sigma + \end{equation} + + Zuletzt muss noch ein geeignetes interatomares Potential $V(r)$ zur Beschreibung der Wechselwirkung der Ionen mit dem Festk"orper gefunden werden. + F"ur das interatomare Potential $V(r)$ wird oft ein abgeschirmtes Coulomb-Potential verwendet \cite{ziegler_biersack_littmark}. + \[ + V(r) = \frac{Z_1 Z_2 e^2}{4 \pi \epsilon_0 r} \Phi(\frac{r}{a}) + \] + Dabei ist $\Phi$ eine geeignete Abschirmfunktion und $a$ der sogenannte Abschirmparameter in der Gr"o"senordnung des Bohrradius. + Die Abschirmfunktion beachtet die Abschirmung des Coulombpotentials der Kerne des Ions und des Targetatoms durch die Elektronen. + Die besten "Ubereinstimmungen mit dem Experiment erh"alt man durch Verwendung des sogenannten \dq universal potential\dq{} \cite{ziegler_biersack_littmark}, dass von Ziegler et al. mit verbesserten Methoden, unter anderem dem Anfitten von Daten zahlreicher Ion-Target-Kombinationen an die Abschirmfunktion, eingef"uhrt wurde. + Diese ist in guter N"aherung f"ur alle Ion-Target-Kombinationen g"ultig. + Desweiteren schl"agt Biersack in \cite{ziegler_biersack_littmark} eine analytische N"aherungsformel zur einfachen Berechnung des Ablenkwinkels $\Theta$ aus dem Sto"sparameter $p$ vor. + + \subsubsection{Elektronische Bremskraft} + + Der elektronische Energieverlust der Ionen an den Elektronen des Targets kommt haupts"achlich durch inelastische Streuung zustande. + Dies f"uhrt zur Anregung beziehungsweise Ionisation des Targets. + Die elektronische Bremskraft ist abh"angig von der Energie der Ionen. + Verschiedene Theorien beschreiben die Abbremsung unterschiedlich schneller Ionen. + Da in dieser Arbeit nur niedrige Projektilenergien (kleiner $0,1 Mev/amu$) behandelt werden, sollen Theorien f"ur den Hochenergiebereich hier nicht diskutiert werden. + F"ur hohe, nicht-relativistische Energien m"usste die Bethe-Bloch-Gleichung \cite{bethe_bloch} zur Beschreibung des elektronischen Energieverlustes herangezogen werden. + Zus"atzliche relativistische Effekte f"uhren zu einem Anstieg der Bremskraft bei noch h"oheren Energien. + + F"ur niedrige Teilchengeschwindigkeiten kann die elektronische Abbremsung mit Hilfe der LSS-Theorie \cite{lss} beschrieben werden. + Die Bremskraft ist proportional zur Geschwindigkeit, also proportional zur Wurzel aus der Energie des Ions. + \begin{equation} + S_e(E) = k_L \sqrt{E} + \label{eq:el_sp} + \end{equation} + Die Proportionalit"atskonstante $k_L$ ist ein geschwindigkeitsunabh"angiger Ausdruck und beachtet die Abh"angigkeit der Bremskraft von der Kernladungszahl des Ions und des Targetatoms. + Schaleneffekte und damit verbundene Oszillationen in der Abh"angigkeit der Kernladungszahl k"onnen durch einen weiteren Faktor $k_F$, den LSS-Korrekturfaktor, der durch experimentelle Ergebnisse angepasst wurde, ber"ucksichtigt werden. + In \cite{ziegler_biersack_littmark} wird eine Theorie vorgestellt, die auch die Oszillationen erkl"art. + Dabei werden alle Bremskr"afte auf experimentell genau bekannte Wasserstoff-Bremskr"afte f"ur jedes Element zur"uckgef"uhrt. + Die Wasserstoff-Bremskr"afte werden mittels der Brandt-Kitagawa-Theorie f"ur schwere Ionen im gleichen Target skaliert. + + \subsection{Implantationsprofil} + + Mit den im letzten Abschnitt bestimmten Bremsquerschnitten $S_n$ und $S_e$ kann nun mittels \eqref{eq:range} die mittlere Reichweite $R$ der Ionen angegeben werden. + Diese ist allerdings ungleich der mittleren Tiefe, in der das Ion zur Ruhe kommt, da das implantierte Ion seine Richtung nach jedem Sto"s ver"andern wird. + Die so erhaltene projezierte Reichweite $R_p$ und deren Standardabweichung $\Delta R_p$ k"onnen durch L"osung von Integro-Differentialgleichungen \cite{lss_2} berechnet werden. + + Weiterhin wird in \cite{lss_2} vorgeschlagen, das Konzentrationsprofil durch eine Gau"sverteilung anzun"ahern. + \begin{equation} + N(x) = \frac{D}{\sqrt{2 \pi \Delta R_p}} \exp \Big[ - \frac{(x - R_p)}{2 \Delta R_p^2} \Big] \textrm{,} \qquad D: \textrm{ Dosis} + \end{equation} + + \subsection{Die Monte-Carlo-Simulation {\em TRIM}} + + Mit Hilfe der Monte-Carlo-Simulation {\em TRIM} \cite{ziegler_biersack_littmark,biersack_haggmark} (kurz f"ur {\bf TR}ansport of {\bf I}ons in {\bf M}atter) k"onnen die tiefenabh"angigen Bremskr"afte und die Reichweitenverteilung simuliert werden. + Da in dieser Arbeit von {\em TRIM} simulierte nukleare Bremskraftprofile, Reichweitenverteilungen und Informationen aus den protokollierten Kollisionen verwendet werden, soll hier grob auf den Ablauf des Programms eingegangen werden. + + Das Programm folgt den Bahnen einer gro"sen Anzahl von Teilchen, die in das Target implantiert werden. + Jedes Ion startet mit einer gegebenen Energie, Position und Richtung. + Die Teilchen vollziehen Richtungs"anderungen auf Grund von Kernst"o"sen mit den Atomen des Targets. + Zwischen zwei Kollisionen bewegt sich das Ion geradlinig innerhalb einer freien Wegl"ange. + Durch die nukleare und elektronische Bremskraft verliert das Teilchen Energie. + Die Verfolgung der Teilchenbahn terminiert, wenn die Energie unter einen bestimmten Wert abgefallen, oder das Teilchen das Taregt verlassen hat. + Das Target wird als amorph angenommen, weshalb kristalline Richtungseigenschaften, wie zum Beispiel das sogenannte Channeling, ignoriert werden. + Der nukleare und elektronische Energieverlust werden unabh"angig voneinander behandelt. + Das Teilchen verliert neben den kontinuierlichen Energieverlust auf Grund der elektronischen Bremskraft einen diskreten Betrag der Energie durch Kernst"o"se. + + Das einfallende Teilchen startet mit der Anfangsenergie $E = E_0$ an der Oberfl"ache des Targets. + Drei Zufallszahlen $R_1$, $R_2$ und $R_3$ werden auf die physikalischen Gr"o"sen freie Wegl"ange $l$, Sto"sparamter $p$ und den Azimutwinkel $\Phi$ abgebildet. + + Es gibt Ans"atze die freie Wegl"ange zuf"allig zu bestimmen. + F"ur niedrige Ionenenergien (kleiner $0,1 Mev/amu$) reicht es jedoch den amorphen Festk"orper durch eine feste freie Wegl"ange $l$ zu modellieren. + Diese ist gegeben durch den mittleren Abstand der Targetatome. + \begin{equation} + l = N^{- \frac{1}{3}} + \end{equation} + F"ur gr"o"sere Energien muss der M"oglichkeit gr"o"serer freier Wegl"angen Rechnung getragen werden und eine entsprechende Abbildung von $R_1$ auf $l$ ist n"otig \cite{ziegler_biersack_littmark}. + + Danach wird der Sto"sparameter durch + \begin{equation} + p = p_{max} R_2 + \end{equation} + bestimmt. + Dabei gilt f"ur das Maximum $p_{max}$ des Sto"sparameters: $\pi p^2_{max} l = N^{-1}$. + + Der Azimutwinkel $\Phi$ ist statistisch isotrop verteilt. + \begin{equation} + \Phi = 2 \pi R_3 + \end{equation} + + Mit Hilfe der von Biersack entwickelten \dq magic formula\dq{} \cite{ziegler_biersack_littmark} kann aus dem Sto"ssparamter $p$ analytisch der Streuwinkel $\Theta$ errechnet werden. + Mit Hilfe des Ablenkwinkels wird dann durch \eqref{eq:final_delta_e} der Energie"ubertrag $\Delta E$ bestimmt. + Der elektronische Energieverlust ergibt sich aus dem Produkt der freien Wegl"ange $l$ mit dem Ausdruck f"ur die elektronische Bremskraft $S_e(E)$ aus \eqref{eq:el_sp} und der atomaren Dichte $N$. + Durch die freie Wegl"ange und den Ablenk- und Azimutwinkel ist der Ort des n"achsten Sto"sprozesses festgelegt. + Die Koordinaten und der Energie"ubertrag jedes Sto"ses werden protokolliert, womit die nukleare und elektronische Bremskraft bestimmt ist. + Die Koordinaten der Ionen, die unter einen bestimmten Energiebetrag abgefallen sind, werden ebenfalls durch das Programm festgehalten. + Damit ist das Implantationsprofil bekannt. + + \subsection{Strahlensch"aden und Amorphisierung} + + Durch die Bestrahlung des Targets werden Sch"aden im Kristallgitter hervorgerufen. + Dabei werden Targetatome durch St"o"se mit Ionen verlagert, oder durch St"o"se durch bereits angesto"sene Atome, sogenannten Recoils, wenn diese mindestens die Verlagerungsenergie $E_d$ besitzen. + Im letzten Fall spricht man auch von Verlagerungskaskaden. + So entstehen Leerstellen und Zwischengitteratome, sogenannte Frenkeldefekte, und komplexere Gitterdefekte, sogenannte Cluster. + Mit steigender Dosis beginnen gest"orte Gebiete zu "uberlappen was zu einer Ausbildung einer amorphen Schicht f"uhren kann. + Die Anzahl und Verteilung der Strahlensch"aden h"angt dabei von Temperatur, Energie und Masse der implantierten Ionen sowie der Masse der Targetatome ab. + Ein Ma"s f"ur die Konzentration der Strahlensch"adigung ist der Energieanteil, der in Form von Kernwechelswirkung an den Festk"orper abgegeben wurde \cite{brice1,brice2}. + Dieser ist proportional zu den erzeugten Leerstellen und komplexeren Defekten im Target \cite{stein_vook_borders}. + + Die in einem prim"aren Sto"s verlagerten Atome, durch ein Ion der Energie $E$, kann nach Kinchin Pease \cite{kinchin_pease} zu + \begin{equation} + N_{p,d} = \frac{E}{E_d} + \end{equation} + abgesch"atzt werden. + + Gleichzeitig heilen Defekte aus, indem verlagerte Gitteratome an ihren Gitterplatz zur"uckkehren. + Bei der thermischen Defektausheilung wird dies durch die thermisch erh"ohte Mobilit"at der Defekte erm"oglicht. + Andererseits kann der Ionenstrahl selbst zur Defektausheilung beitragen. + Dieser kann an amorph-kristallinen Grenzfl"achen Rekristallisation beg"unstigen oder auch zur Bildung von Kristallisationskeimen in amorphen Gebieten f"uhren. + +